Modelleisenbahn – Anlagen und Modelle

Unzählige große und kleine Fans haben sie im Keller, einem ausgebauten Hobbyraum oder gar im eigenen Garten installiert: die Modelleisenbahn. Die maßstäbliche Nachbildung der echten Eisenbahn zieht ihre (vorwiegend männlichen) Besitzer in ihren Bann. Ganze Landschaften mit Feldern, Bergen, Brücken und Städten werden nachgebaut und die Augen der Zuschauer leuchten, wenn die Modelleisenbahn ihre Runden zieht. Die Lokomotive kann normalerweise durch einen eingebauten Antrieb selbst fahren und wird über ein Bedienpult entweder manuell oder automatisch gesteuert. Dies unterscheidet die Modelleisenbahn auch grundlegend von der Spielzeugeisenbahn.

Kleiner Abriss zur Geschichte der Modelleisenbahn

Bereits Ende des 18. Jahrhunderts, im Jahre 1784, beginnt die Erfolgsgeschichte der Modelleisenbahn. Als Mutterland kann England angesehen werden, dort wurden erste Modelle von Eisenbahnen im kleineren Maßstab angefertigt. Um 1840 gab es dann auch in Deutschland die ersten Nachbildungen von Modelleisenbahnen. Hersteller wie Lutz, Märklin, Myers und Schönner trieben den Verkauf der Eisenbahnen voran. In höheren gesellschaftlichen Kreisen war es ein beliebtes Geschenk für Kinder – so besaß nachweislich etwa der kaiserliche Prinz Napoléon Eugène Louis Bonaparte eine Modelleisenbahn.

Die Spurweite HO (früher als Spurweite 00 bezeichnet, der Begriff HO setzte sich erst nach dem Zweiten Weltkrieg durch) wurde 1922 erstmals serienmäßig vom Unternehmen Bing in Nürnberg hergestellt.

Die wichtigste Messe für Modelleisenbahnen ist die Nürnberger Spielwarenmesse. 1952 stellte die Firma Fleischmann ihre erste HO-Bahn vor und ist seither bis heute einer der führenden deutschen Hersteller von Modelleisenbahnen.

Die Geschichte der Modelleisenbahn reicht bis ins 18. Jahrhundert hinein

Modelleisenbahnen faszinieren Groß und Klein
Foto: einar_magnus / pixabay

Antrieb der Modelleisenbahnen

Die ersten Modelle der nachgebildeten Eisenbahnen wurden noch von einem Uhrwerk angetrieben, das regelmäßig aufgezogen werden musste. Der Wandel von der Spielzeug- zur Modelleisenbahn vollzog sich, als der elektrische Antrieb für die Lokomotiven entwickelt wurde. Die Spannung betrug damals etwa 20 Volt, heute wird Kleinspannung (16 bis maximal 24 Volt) verwendet. Früher waren die Gleise aus Metall, wobei die Schienen elektrisch miteinander verbunden waren. Heute benutzt man meist Gleise aus Kunststoff,

die Übertragung des elektrischen Stroms erfolgt hierbei über unauffällige Punktkontakte in den Schienen. Von den meisten Herstellern (außer Märklin) wird mittlerweile ein international genormtes Zweischienensystem verwendet. 

Anlagenformen

Die dargestellte Landschaft, durch die die Modelleisenbahn ihre Runden zieht, hat meist ein bestimmtes thematisches Konzept. Häufig wird eine Eisenbahngesellschaft mit Bahnhof, Betriebsstelle, Haltestellen usw. nachgebildet. Manchmal handelt es sich auch um eine bestimmte historische Epoche, die sich dann in den Zügen, den Gebäuden und den Figuren widerspiegelt. Eisenbahner benötigen also eine gewisse Liebe zum Detail, wenn sie ihre Anlagen aufbauen. Der Markt für das nötige Zubehör (Gleise, Gebäude, Figuren, Pflanzen, Elektronik) ist groß. Die Modelleisenbahner stellen sich ihre Landschaft in der Regel selbst zusammen und gestalten sie individuell – fertig ausgeformte Anlagen gibt es nur wenige zu kaufen.

Insgesamt können drei unterschiedliche Anlagenformen unterschieden werden, die auch untereinander kombiniert werden können. Anfänger entscheiden sich meist für einfache, rechteckige Platten (aus Holz, Größe etwa 200 x 80 cm), auf denen eine ovale Gleisstrecke entlangführt. Ferner gibt es Anlagen, die sich nach dem Wandverlauf im Raum richten. Sie sind deutlich komplexer und können auch in kleineren, engen Räumlichkeiten untergebracht werden. Abwechslung ergibt sich für die Nutzer durch die Möglichkeit eines zweiten Bahnhofs und Stellwerken, die Rangierbewegungen der Eisenbahn zulassen.

Als besonders anspruchsvoll gelten modulare Anlagen, hier können thematisch zusammengehörige Gruppen durch genormte Endstücke miteinander verbunden werden, die dann eine großzügig ausgestaltete Landschaft (denkbare Nutzlänge bis zu zehn Meter) ergeben. Diese Anlagen lassen sich problemlos auf-, um- und abbauen und werden vor allem von ausgemachten, langjährigen Modelleisenbahnfans und Vereinen benutzt. 

Es gibt insgesamt drei verschiedene Anlagenformen

Ganze Landschaften im kleineren Maßstab nachzubilden ist für viele Modelleisenbahner reizvoll
Foto: Gaertringen / pixabay

Die Nenngröße HO

Die Nenngröße HO ist eine nach den Normen Europäischer Modellbahnen (NEM) genormte Baugröße für Modelleisenbahnen. Im englischen und nordamerikanischen Sprachraum ist sie auch unter der Bezeichnung 3.5 mm scale bekannt. Der Maßstab dieser Baugröße ist 1: 87. Die Normalspur besitzt eine Modell-Spurweite von 16,5 mm. Sie ist die weltweit deutlich am meisten verbreitete Nenngröße. Sie entwickelte sich ab der Mitte des 20. Jahrhunderts aus der Nenngröße 0, die vorher Standard war, und hat eine den Modelleisenbahnmarkt dominierende Stellung inn. Der Marktanteil in Deutschland beträgt etwa 70 %.

Hintergrund der Entwicklung der Nenngröße HO war es, den damals üblichen Maßstab von 1: 45 noch weiter zu senken, um Modelleisenbahnen auch für kleinere Wohnungen zu etablieren. So konnte man sich einerseits einen größeren Markt privater Käufer erschließen und andererseits die Herstellungskosten spürbar reduzieren. Geboren war die neue Nenngröße HO, die aufgrund des verkleinerten Maßstabs nun gerne auch als Tischeisenbahn tituliert wurde.

Neben HO gibt es im europäischen Raum auch noch die Spurweiten HOm, HOe, HOi und HOp, deren Modell-Spurweite sich schrittweise bis auf 4,5 mm verringert. Ausgehend von der Normalspur HO werden sie als Meterspur, Schmalspur, Feldbahn und Parkbahn bezeichnet.

Hersteller, die Modelleisenbahnen mit der Nenngröße HO produzieren

Auf dem internationalen Markt sind vor allem die Namen Märklin, Hornby, Roco, Fleischmann, Piko, und Bachmann (Markenname Liliput) bekannt. Zubehörteile werden vor allem von den Firmen Brawa, Busch, Faller, Kibri, Preiser und Viessmann vertrieben.

In den deutschsprachigen Ländern spielen überdies die Hersteller Tillig, Kleinbahn und HAG eine wichtige Rolle.

Die Modelleisenbahnproduzenten weichen immer wieder vom gängigen Maßstab 1: 87 ab. Üblich sind oft Nachbildungen getreu dem Maßstab 1: 93 oder gar 1: 100. Vielen Hobby-Eisenbahnern macht das allerdings nichts aus. Die Gründe für den abweichenden Maßstab liegen vor allem bei den Rädern und Schienen. Zu breite Räder und zu dicke Spurkränze sorgen für maßstabunübliche Gleisprofile. Einige professionelle Modelleisenbahner, die sich daran störten, begannen daraufhin mit der Entwicklung maßstabsgetreuer Räder und Weichen, bekannt unter dem Namen HOpur, um ein möglichst komplett maßstäbliches Schienensystem passend zur Landschaft und zur gesamten Modelleisenbahnanlage zu kreieren.

Bei der Spur HO können drei Gleissysteme unterschieden werden

Modelleisenbahnen der Nenngröße HO sind weltweit verbreitet und beliebt
Foto: Karl-Heinz Laube / pixelio.de

Gleissystem der Spur HO

Etwa seit den 1920er Jahren werden Gleissysteme für die Nenngröße HO hergestellt. Ursprünglich wurden die Schienen aus Blech gepresst, ab den 1960er Jahren waren dann Schwellenbänder aus Kunststoff erhältlich. Diese haben den Vorteil, dass sie aufgrund ihrer hohen Flexibilität beliebig auf der Anlage verlegt werden können.

Im Bereich der Nenngröße HO gibt es drei verschiedene elektrische Gleissysteme: das Zweischienen-Zweileiter-Gleissystem, das Dreischienen-Zweileiter-Gleissystem und das Dreischienen-Dreileiter-Gleissystem. Bei den hobbymäßigen und professionellen Modelleisenbahnern hat sich inzwischen das Zweischienen-Zweileiter-Gleissystem durchgesetzt. Bei Liebhabern von Nostalgieanlagen finden sich aber auch veraltete Gleissysteme.

Der Grund dafür, dass sich das Zweischienen-Zweileiter-Gleissystem etabliert hat, liegt vor allen an der internationalen Normung. Die Auswahl an Gleissortimenten und Fahrzeugmodellen unterschiedlichster Hersteller ist entsprechend groß und sie sind untereinander kompatibel. Der Nachteil ist allerdings, dass für Kehrschleifen und Gleisdreiecke spezielle Schaltungen benötigt werden, damit Kurzschlüsse verhindert werden. Für den analogen Fahrbetrieb wird übrigens Gleichstrom benutzt.

Beim Dreischienen-Zweileiter-Gleissystem sind die zwei Fahrschienen entweder über Böschungskörper oder Schwellen miteinander elektrisch verbunden. Derzeit ist die Fima Märklin der einzige Vollsortimenthersteller für dieses Gleissystem. Entscheidet man sich für dieses System, ist man also weitgehend an diesen Produzenten gebunden. Zwar gibt es von einigen kleineren Herstellern Nachrüstsätze, trotzdem ist die Flexibilität in puncto Gleise, Fahrzeuge und Zubehörteile deutlich geringer. Betrieben wird die Lokomotive hier mit Wechselstrom.

Über drei elektrisch isolierte Schienen verfügt das Dreischienen-Dreileitersystem, die beiden Fahrschienen führen jeweils unterschiedliche Fahrstrompole. Dies ermöglicht den gleichzeitigen Einsatz zweier Züge bzw. Lokomotiven, was der große Vorzug dieses Gleissystems ist. Beide Lokomotiven können dasselbe Gleis befahren und können voneinander unabhängig gesteuert werden. Wird zusätzlich eine Oberleitung eingebaut, können sogar drei Züge die Anlage befahren. Entwickelt wurde dieses System von dem Nürnberger Unternehmen Trix. Der Nachteil sind relativ große Spurkränze. Da diese Maße von Trix nicht modernisiert (d.h. verkleinert) wurden, verlor dieses Gleissystem im Laufe der Zeit an Bedeutung, da solche Anlagen im privaten Bereich aufgrund der begrenzten Räumlichkeiten nur schwerlich realisiert werden können. Doch im Rahmen der Ausstellung von nostalgischen Modelleisenbahnen, etwa auf Messen oder in Museen, spielt dieses Gleissystem nach wie vor eine entscheidende Rolle.

Bei allen drei Gleissystemen besteht die Möglichkeit, eine Oberleitung zu installieren. So kann auf dem gleichen Gleis ein weiteres Fahrzeug unabhängig vom anderen betrieben werden. Allerdings hat die Oberleitung durch das Aufkommen der Digitaltechnik in den 1980er Jahren in der Regel keine elektrische Funktion mehr, was sie gewissermaßen überflüssig macht. Doch häufig wird sie auf den Anlagen belassen, da sie einen dekorativen Zweck erfüllt. Generell macht sich die Digitalisierung bemerkbar, sie hat mechanische Fahrtrichtungsumschalter im Mittelleiter-Wechselstrom-Gleis weitgehend ersetzt. Das bedeutet, dass an den Schienen eine Rechteckspannung anliegt, welche die digitalen Befehle weiterleitet.